Es war noch früh, als sie das Schiff erreichten. Man erlaubte ihnen, ein paar Blicke in die Speisesäle der ersten und zweiten Klasse zu werfen, ehe man sie ins Zwischendeck hineinschob. […]
Er war ganz ruhig und ohne Furcht. Er warf einen flüchtigen Blick auf das Meer und trank Trost aus der Unendlichkeit des bewegten Wassers. Ewig war es. Mendel erkannte, daß Gott selbst es geschaffen hatte. Er hatte es ausgeschüttet aus seiner unerschöpflichen, geheimen Quelle. Nun schaukelte es zwischen den festen Ländern. Tief auf seinem Grunde ringelte sich Leviatan, der heilige Fisch, den am Tage des Gerichts die Frommen und Gerechten speisen werden. […]
Er drehte sich im Halbkreis und verstreute die einzelnen Worte des Segens über die grünen Wogen: „Gelobt seist Du, Ewiger, unser Herr, der Du die Meere geschaffen hast und durch sie trennest die Kontinente!“ In diesem Augenblick dröhnten die Sirenen. Die Maschinen begannen zu poltern.(Joseph Roth, Hiob)
Siebenhundertundachtzig Emigranten schwimmen im Schwarzen Meer herum, seit ein paar Tagen unauffindbar. Die 165 österreichischen Emigranten auf dem Dampfer „Königstein“ sind in Hungerstreik getreten, weil sie, von allen Häfen Zentral-Amerikas abgewiesen, in Gefahr sind, wieder nach Hamburg zurückgebracht zu werden.
(Joseph Roth, Die Österreichische Post, Paris, 01.03.1939)